Bei der Suche nach der richtigen Location fiel die Wahl auf das alte Heurigenlokal Franz, das zufällig direkt neben Florians Agentur im Dornröschenschlaf vor sich hin schlummerte. Mit viel Fingerspitzengefühl für das alte Gemäuer, zahlreichen Helfern und unternehmerischem Mut entstand daraus das Franz von Grün, ein Ort an dem die Freude am Genuss auf klares, nordisches Design trifft.

Ihr habt einen Hintergrund in Werbung und Journalismus. Doch wie kamt ihr dazu, in die Gastronomie zu gehen? 

Alex: Für mich gibt es nichts Schöneres, als ein tolles Essen mit lieben Menschen in einem Restaurant zu genießen. Uns verbindet die Liebe zu gutem Essen und Trinken.

Uns verbindet die Liebe zu gutem Essen und Trinken.

Wir können uns stundenlang über Produkte und Produzenten unterhalten. Da war es naheliegend, dass wir unsere Ideen irgendwann in einem gemeinsamen Projekt verwirklichen wollten.   


Wie habt ihr euch ein Netzwerk in der Szene etabliert?

Alex: Florian zählt einige Köche und Winzer zu seinen Kunden. Einer unserer Caterer ist zum Beispiel Johannes Jungwirth, den er schon viele Jahre mit seiner Agentur betreut. ich schreibe als Journalist über Kulinarik. Durch einen Artikel über Casual Fine Dining, den ich in der Tageszeitung Der Standard geschrieben habe, bin ich auf unseren jetzigen Küchenchef gestoßen. Miki Apostolo kochte zuerst bei Konstantin Filippou und betrieb vor der Krise mit Freunden das Restaurant Roots in Wien. Es sind aber auch viele Partner an uns herangetreten, wie Marco Simonis aus Wien, der im letzten Jahr ein Sommer Pop-Up bei uns veranstaltet hat. 


Wie habt ihr euch als Gründungsteam gefunden?

Florian: Wir haben uns durch einen glücklichen Zufall kennengelernt. Bei einem Dinner bin ich eingesprungen, weil ein Gast nicht gekommen war. Ich habe seinen Platz eingenommen und saß neben Alex. Wir haben uns sofort gut verstanden und gemerkt, dass wir ähnliche Interessen und Leidenschaften teilen. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft und letztendlich auch eine geschäftliche Partnerschaft. 



Und wer ist noch alles mit im Boot?

Florian: Wir sind eine große Gemeinschaft, die stetig wächst: Angefangen beim Team aus der kreativen Planung und baulichen Umsetzung über eine Vielzahl an Freunden und Unterstützern aus unterschiedlichen Bereichen wie unserem Weinhändler Robert Stark oder Bernd Salat, mit dem wir gemeinsam unseren eigenen Kaffee rösten bis hin zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Service und in der Küche. Viele tolle Menschen, denen wir sehr dankbar für ihr Engagement sind.

Oft haben wir uns gedacht: Vielleicht ist das die verrückteste Idee überhaupt. Aber irgendwann gibt es kein Zurück mehr.


Wie ist die Idee zum Franz von Grün entstanden? 

Florian: Wir hatten beide den heimlichen Traum, irgendwann unser eigenes Lokal zu betreiben. Das Finden der geeigneten Immobilie ist aber wahrscheinlich das Schwierigste für einen Gastronomen. Direkt neben meiner Agentur stand das alte Heurigenlokal Franz bereits längere Zeit leer. Es gab also quasi keine andere Option.  


Alex: Es gab viele Momente, in denen wir uns dachten: vielleicht ist das die verrückteste Idee überhaupt. Aber irgendwann gibt es kein Zurück mehr. Retrospektiv war es dennoch die beste Entscheidung. 


Also gab es währenddessen auch Momente, in denen ihr alles hinschmeißen wolltet?

Florian: Es gab sicher Momente, in denen wir gezweifelt haben. Etwa, als unser Bauleiter uns einen Tag vor dem geplanten Termin für die Verlegung des Bodens mitteilte, dass alle Wasserrohre neu gemacht werden müssen. Oder als sich die Versiegelung der Bar abgelöst hatte und wir alles wieder abschleifen und uns eine neue Lösung für die Fläche überlegen mussten. Doch hinschmeißen war nie eine Option, dafür war unsere Leidenschaft für das Projekt einfach zu groß.

Wie lange hat es gedauert, das Anwesen aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken?

Florian: Von der ersten Idee bis hin zum fertigen Lokal sind ungefähr zwei Jahre vergangen. Die Umbauphase haben wir uns kürzer vorgestellt. Doch in so einem alten Gebäude stößt man immer wieder auf unerwartete Überraschungen. Etwa, als unser Bauleiter uns informierte, dass die Wasserrohre komplett getauscht werden müssten, einen Tag vor dem geplanten Termin für die Boden-Verlegung. Oder als sich die Versiegelung unserer Bar ablöste und wir uns eine neue Lösung überlegen musste.  Die Renovierung hat somit über ein Jahr gedauert.   

 
Wie war der Umbau, welche Besonderheiten galt es zu meistern?

Florian: Uns war es wichtig, eine Location nach unseren Vorstellungen und Designansprüchen zu schaffen, ohne dabei das ursprüngliche Erscheinungsbild des alten Heurigenlokals zu zerstören. Die Bausubstanz war überraschend gut. Bei der Innenarchitektur haben wir uns für ein klares, nordisches Design entschieden, das nicht nur zeitlos ist, sondern sich auch harmonisch in die Kellergasse einfügt. 


Was sind eure schönsten Erinnerungen an diese Zeit?

Florian: Die Planungsphase war sicher am Spannendsten: Viele gemeinsame Abende mit gutem Essen und Wein, an denen wir Ideen vor unserem geistigen Auge gesponnen, Angebote eingeholt und inspirieren lassen haben. Schön war auch, dass wir so viel Unterstützung von unseren Partnern, Freunden und Familien bekommen haben. Und unbeschreiblich war natürlich der Tag, an dem wir das erste Mal Gäste begrüßen durften. 


Wie seid ihr auf den Namen gekommen?

Alex: Uns war wichtig, dass der ursprüngliche Name des Heurigenlokals erhalten bleibt. Und weil die damalige Fassade des Heurigen Franz grün gestrichen war, wurde daraus irgendwann Franz von Grün

Jeder Raum hat seine ganz eigene Qualität.


Florian: Wir wollten bewusst keinen Kunstnamen, sondern eine stimmige Bezeichnung, zu der wir auch eine stimmige Geschichte erzählen können.


Wie seid ihr bei der Gestaltung der Räumlichkeiten vorgegangen? 

Florian: Jeder Raum hat seine ganz eigene Qualität. Die Bar mit der offenen Küche greift einerseits die Idee des Casual Fine Dinings auf: Eine langer Tresen als Chef’s Table, bei dem man dem Küchenteam über die Schulter schaut. Der alte Gewölbekeller ist nicht nur gemütlich, er ist auch der perfekte Raum für eine ausgelassene Party. Unser Dachboden schafft mit viel Holz und dem direkten Blick in den Weingarten Gemütlichkeit.    



Welche Rolle hat Nachhaltigkeit in dem Zusammenhang gespielt?

Florian: Nachhaltigkeit war und ist immer ein zentraler Bestandteil des Projekts. Die Verarbeitung nachhaltiger und natürlicher Materialien wie etwa Eichenholz bei Boden und Tischen, die Revitalisierung bereits vorhandener Dinge wie den alten Heurigengarnituren,

Das Franz von Grün ist zu 100 Prozent in unserem Kopf entstanden.

die wir abgeschliffen und neu gestrichen haben, und ein effizienter Energieeinsatz gehören zu unseren Grundprinzipien.


Habt ihr einen Architekten beauftragt oder alles selbst geplant und umgesetzt? Was war die Inspiration dahinter?

Florian: Das Franz von Grün ist zu 100 Prozent in unserem Kopf entstanden. Das reicht von der Planung über die Materialauswahl bis hin zur Umsetzung. Ich kann mich erinnern, dass wir unsere Bar auf einem Zeichenblock skizziert haben. Zum Glück war unser Bauleiter kreativ und verrückt genug, all unsere Ideen nach unseren Vorstellungen umzusetzen. Viele Inspirationen haben wir uns auch auf unseren Reisen geholt. Bei der Holzdecke im Dachboden haben wir uns vom Noma in Kopenhagen inspirieren lassen. 


Wie fühlte sich der Vorher-Nachher Effekt am tag der Eröffnung genau an?

Florian: Der Eröffnungstag bringt einen gewaltigen Adrenalin- und Freudenschub. Es war quasi ein Probedurchlauf mit Freunden, Partnern und Kunden. Wir haben ein Wildschwein gegrillt und einige Flaschen aus unserem Weinkeller geleert. Das positive Feedback und die Freude, den anstrengenden Umbauprozess abgeschlossen zu haben, sind einfach überwältigend. Wir freuen uns also schon darauf, wenn wir wieder aufsperren und schöne Momente mit unseren Gästen und Freunden verbringen dürfen. 

Alex: Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so müde und so glücklich zugleich nach dem ersten Tag, an dem wir eröffnet hatten. Das Gefühl war unbeschreiblich.


Wer kommt zu euch als Gast?

Alex: Wir haben keine fest definierte Zielgruppe an Gästen. Menschen, die Wert auf Qualität legen, denen Transparenz wichtig ist und die Lust haben, der Großstadt zu entfliehen sind bei uns willkommen - ob bei einer unserer Eigenveranstaltungen, bei Firmen-Events, privaten Feiern oder Hochzeiten. 


Welche kulinarischen Spezialitäten sind typisch für die Region und mit auf eurer Speisekarte?

Alex: Die Gegend ist vor allem für die Jagd bekannt. Wir haben also immer Zugang zu frischen und ausgezeichneten Wildspezialitäten. Unser am offenen Feuer gegrilltes Wildschwein gehört schon zu unseren Klassikern. 


Beobachtet ihr den unternehmerisch geprägten Stadtflucht-Trend auch in eurem Umfeld?

Alex: Ja, es gibt immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer, die nicht zwingend auf die Infrastruktur einer Großstadt angewiesen sind. Für sie hat das Arbeiten am Land nicht nur einen positiven psychischen Effekt, auch die Mieten für Gewerbeobjekte sind hier attraktiver. 



Wurde dieser Trend vielleicht sogar durch die Pandemie verstärkt? 

Alex: Natürlich. Viele Unternehmen haben erkannt, dass in Zeiten von Home-Office und virtuellen Meetings der Firmenstandort eine untergeordnete Rolle spielt.

Carnuntum - als Weinregion lange Zeit ein blinder Fleck für uns. Erstaunlich, wie viele Winzerinnen es hier gibt. Eine ordentliche Portion Frauenpower!

Das funktioniert natürlich nicht in allen Branchen.  


Welche weinaffinen Eventformate habt ihr bereits initiiert? 

Alex: Durch die Pandemie waren und sind wir noch etwas eingeschränkt aber unsere Pop-Up Abende letzten Sommer im Weingarten waren ein voller Erfolg. Die Weinkarte war wahrscheinlich umfangreicher als in manchen Restaurants. Wir wollten unseren Gästen nicht nur gutes Essen, sondern auch ein überregionales Weinangebot bieten. 


Wer wählt bei euch den Wein aus für die Events? 

Alex: Wir haben eine breite Auswahl an Weinen. Ein großer Fokus liegt natürlich auf Weinen aus der Region. In unserem Keller liegen aber auch andere großartige Flaschen - wie zum Beispiel die Champagner der Winzervereinigung De Saint-Gall, Weine von Christian Tschida aus Illmitz, Jutta Ambrositsch aus Wien oder vom Weingut Gross aus der Südsteiermark. Bei Events oder Hochzeiten bieten wir unseren Gästen und Auftraggebern eine Verkostung vorab an. Bei unseren eigenen Eventformaten kümmere ich mich um die Weinauswahl. Das kann, abhängig vom Format, zum Beispiel eine Auswahl an Naturweinen sein, sich auf eine Rebsorte oder Region beziehen oder wir arbeiten mit einem speziellen Winzer zusammen, mit dem wir eine Weinbegleitung zusammenstellen.


Welche Weine aus dem Carnuntum trinkt ihr am Liebsten und warum?

Alex: Es ist schwer, einzelne Namen zu nennen. Für mich war Carnuntum als Weinregion lange Zeit ein blinder Fleck. Durch die Beschäftigung mit den Weinen und den Winzern durfte ich aber so viele tolle Entdeckungen machen. Eine wirkliche Überraschung war zum Beispiel der Muskateller von Leo Jahner aus Wildungsmauer. Der Pet Nat JoMa von Johanna Markowitsch ist mittlerweile unser Haus-Schaumwein und schmeckt großartig. Einzigartig ist auch eine Art Portwein, den Stephanie Böheim aus Arbesthal aus Zweigelt und Syrah produziert. Das bestärkt mich in meiner Meinung, dass nicht immer alles so ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. 

Wir haben sehr viele Ideen und hoffen, dass wir bald wieder richtig loslegen können.

Was genau unterscheidet diese Weine von anderen Weinen Österreichs?

Alex: Also erst einmal ist es erstaunlich, wie viele Winzerinnen es hier gibt. Mit Johanna Markowitsch, Michaela Riedmüller, Stephanie Böheim, Caroline Taferner, Christina Netzl und Birgit Wiederstein hat die Region eine ordentliche Portion Frauenpower. Das ist wahrscheinlich einzigartig für Österreich, da der Beruf des Winzers immer noch eine Männerdomäne ist. Außerdem bekommt das Carnuntum klimatisch das Beste aus allen Welten ab – die Kühle der Donau und die Wärme durch das pannonische Klima. 


Wie geht es dieses Jahr bei euch weiter?

Alex: Ich glaube, das kann im Moment niemand sagen. Wir haben auf jeden Fall sehr viele Ideen und hoffen, dass wir bald wieder richtig loslegen können. Im Moment gibt es viele Köche, Winzer und Sommeliers, die an Kooperationen interessiert sind. wie zum Beispiel? Was für Formate wollt ihr mit ihnen umsetzen?  Das erste Format mit dem wir nach dem Lockdown starten, ist ein zeitgemäßer Pop-Up-Heuriger. Spitzenkoch Max Maierhofer wird gemeinsam mit David Häusler regionale Tapas wie Blunzen-Gyozas oder Ceviche vom Seesaibling servieren. Die Weine kommen von unseren Nachbarn und Jungwinzern, dem Weingut Kellerkünstler. Und natürlich freuen wir uns, dass auch einige Brautpaare ihren schönsten Tag bei uns feiern wollen.